Quad Copter "Der Flieger, den nichts aus der Ruhe bringt."

Einleitung und Motivation


Die Entwicklung von unbemannten, ferngesteuerten Fluggeräten für kommerzielle Zwecke wurde in den letzten Jahren immer weiter voran getrieben. Der breiten öffentlichkeit sind diese Fluggeräte eher aus dem militärischen Bereich bekannt, da Medien oft von verloren gegangenen Drohnen berichten, die beispielsweise vom US Militär verwendet werden. Allerdings existieren auch im zivilen Bereich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Als Beispiel  können Such- und Rettungsoperationen genannt werden.

Für dieses Projekt fiel die Wahl auf die Entwicklung eines Quadrocopters. Ein normaler Hubschrauber mit einem Hauptrotor kommt dem Prinzip des Quadrocopters am nächsten, benötigt allerdings höhere Drehzahlen und einen größeren Propeller, wodurch das Verletzungsrisiko steigt. Beim Quadrocopter, also einem Hubschrauber mit vier Propellern, werden pro Propeller weniger Drehzahl und geringere Durchmesser benötigt, da der Auftrieb durch alle vier Propeller gleichermaßen erzeugt wird.

Die Intelligenz des im Projekt entwickelten Quadrocopters liegt in seinem Lageregelungsmechanismus, der auf dem von William Premerlani und Paul Bizard entwickelten „direction-cosine-matrix (DCM)“ – Ansatz aufbaut. Die Lageregelung sorgt dafür, dass der Quadrocopter auch bei äußeren Störeinflüssen (also vor allem Wind) stets stabil in der Luft steht. So soll das Fluggerät beispielsweise lotrecht zur Erdoberfläche stehen, falls keine Eingabe über die Fernbedienung erfolgt. Die Lageregelung selbst soll auch der vereinfachten Steuerung dienen, da der Pilot sich in einiger Entfernung zum Fluggerät befindet und dadurch erste kleinere Lageänderungen nicht früh genug wahrnimmt, um sie zu korrigieren bevor sie zu einem Risiko werden.

Theoretische Betrachtung


Die Funktionsweise eines Quadrocopters

Wie bereits in der Einleitung erwähnt wurde, hat ein Quadrocopter vier gleichgroße Propeller, die in einem Kreuz angeordnet sind. Der Abstand vom Kreuzmittelpunkt zu den einzelnen Motoren ist dabei immer gleich groß. Diese vier Propeller erzeugen den Auftrieb ähnlich wie bei einem Hubschrauber. Die Schubleistung wird allerdings nicht wie bei einem Hubschrauber über die Steigung des Hauptrotors (sog. kollektive Blattverstellung, oder collective pitch), sondern über die Drehzahl der einzelnen Motoren gesteuert. Dadurch ergibt sich ein relativ einfacher mechanischer Aufbau, in dem es außer den Rotoren der Motoren keine weiteren beweglichen Teile gibt.

Gegenüberliegende Rotoren drehen dabei in die gleiche Richtung (siehe Abbildung), da sich das Fluggerät sonst durch den Drehimpuls stets um die eigene Achse drehen würde. Bei einem typischen Helikopter mit nur einem Hauptrotor, dient übrigens der kleine Heckrotor als Antagonist für den Hauptrotor. Bei exakt gleicher Drehgeschwindigkeit aller Propeller und keinen äußeren Störeinflüssen müsste das Gerät also exakt lotrecht über dem Boden stehen (von Bodeneffekten abgesehen).

Algorithmus der Lageregelung

Der von uns gewählte Algorithmus basiert auf der Arbeit von William Premerlani und Paul Bizard zum „direction-cosine-matrix“ (DCM). Im Rahmen einer Studienarbeit von zwei Studenten der Technischen Universität Berlin (Maik Pflugrat und Jonas Dörr) wurde diese Methode angepasst. Beide Arbeiten beschäftigen sich mit der Korrektur des Driftfehlers der Gyrometer, welcher sich durch die integrale Verarbeitung kumuliert. Auch beim Einsatz sehr rauschfreier Gyroskope addiert sich der technisch bedingte Driftfehler nach einiger Zeit zu einer großen Abweichung auf, da der relative Drehwinkel im Raum durch Integration der Messdaten errechnet wird. Durch die Zuhilfenahme von Beschleunigungs- und Magnetfeldsensoren kann dieser Fehler kompensiert werden. Unterschied zwischen beiden Arbeiten ist, dass in der Studienarbeit anstatt eines GPS-Sensors der angesprochene Magnetfeldsensor zur Korrektur des Lagefehlers benutzt wird.

Der generelle Vorteil des verwendeten Algorithmus ist, dass keine komplizierten Kammfilter implementiert werden müssen. Dadurch verringert sich auch der Rechenaufwand des Algorithmus.

Technische Umsetzung


Für die Konstruktion eines nicht intelligenten Quadrocopters sind nur ein Gestell, vier Motoren (mit vier Reglern), vier Propeller, eine Stromversorgung und eine Kommunikations­einheit für die Fernbedienung notwendig. In unserem Fall reicht dies aber nicht aus, da der Quadcopter seine Lage automatisch stabilisieren soll. Ohne den Einsatz einer Stablisierungsvorrichtung ist das Fliegen sehr umständlich, da sich das Gerät „unruhig“ verhält. Für diesen Lagemechanismus sind verschiedene Sensoren notwendig, deren Details im dritten Abschnitt erläutert werden. Für die Arbeit des Algorithmus sind drei Gyroskope, drei Beschleunigungssensoren und drei Magnetfeldsensoren notwendig, die teilweise als integrierte Bauteile verfügbar sind. Ein Abstandsmesser (zum Boden) wird ebenfalls integriert und in den Algorithmus ein gepflegt. Alle Sensoren werden auf die Hauptplatine gelötet und mit einem Mikrocontroller verbunden. Neben dem Controller befinden sich außerdem noch die Verbindungselemente zur Stromversorgung und zu den Motorreglern. Die Motorregler selbst befinden sich auf den jeweiligen Ausläufern direkt in der Nähe der Motoren.

Alle vier Sensorsysteme sind dabei mit digitalen Schnittstellen versehen. Diese Lösung wurde uns von den Projektbetreuern angeraten. Einige Bauteile sind in der Lage sowohl über SPI als auch über I2C angesteuert zu werden. Eine endgültige Festlegung der jeweils gewählten Schnittstelle ist noch nicht erfolgt, da die Belegungsplanung für den Mikrocontroller noch nicht abgeschlossen ist. Das Fernbedienungssignal wird über Puls-Pausen-Modulation kodiert und dann von der CPU verarbeitet.

Die Stromversorgung des kompletten Systems erfolgt über einen Lithium-Polymer-Akku (kurz LiPo) mit drei Zellen. Jede einzelne Zelle hat dabei eine Nennspannung von 3,7V.

Eine Vorrichtung für das Anbringen einer Kamera wird in unserem Projekt nicht vorgesehen, da dieses Feature über die Grundkonstruktion eines flugfähigen Quadcopters hinaus geht, aber es werden Pin-Outs vorgesehen, damit spätere Servomotoren, für eventuelle Kamerasteuerung angebracht werden können. Die nachträgliche Installation würde von Seiten der Elektronik als auch von Seiten der Gewichtsbeschränkung kein Problem darstellen.

Detaillierte Dokumentation und Quellcode


Detaillierte Beschreibung der theoretischen Grundlagen und der technischen Umsetzung können dem Projektbericht entnommen werden. Quellcode der Implementierung des Algorithmus für Lageregelung und Kontrollersteuerung kann auf Anfrage ausgehändigt werden. Konsultierung Sie dazu bitte die Betreuer.

Autoren


Project Elektronik im WS 11/12 (Gruppe ELE31)
Fachgebiet EMPS
 Prof. Reinhold Orglmeister - Sekr. EN3
Technische Universität Berlin


Entwickelt von:

Axel Kücholl, Daniel Deblitz, Danny Ziebart,
Kostiantyn Kahanskyi, Martin Goecks, Mirko Palmer

Betreuer:

Arwed Meyer, Lars Paasche